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12. August 2011

(Teil-)Umzug

Es gäbe noch so viel zu schreiben... Da ich immer mehr feststellen musste, dass ich mich an dieser Stelle nicht auf ein Thema konzentrieren kann und daher die Motivation zum Schreiben nicht so recht kommen will, habe ich beschlossen, eine "Ausgründung" vorzunehmen und dem hier auch schon recht prominent vertretenen Wahlrecht mit dem besonderen Schwerpunkt USA einen eigenen Blog zu widmen. Ich möchte hierzu ergänzen, dass diese Entscheidung auch von einigen anderen Faktoren befördert wurde:
  1. bin ich seit Jahren Inhaber der Domain us-elections.de, die schon viel zu lange brach lag.
  2. habe ich einen ausreichend großen Webspace mit PHP, SQL usw. hinter dieser Domain, der bislang nur minimal genutzt wird.
  3. hat mein Provider kürzlich eine ziemlich simple Möglichkeit zur WordPress-Installation eingerichtet, die zugegebenermaßen auch meinen Spieltrieb geweckt hat (mit WordPress wollte ich schon immer mal was machen).
  4. erwarte ich, dass das Thema in den nächsten Jahren inhaltlich allerlei Anlass zu Wortmeldungen geben wird.

Dies vorweggeschickt, verkünde ich hiermit höchstoffiziell die Geburt meines neuen Blogs "U.S. Elections" unter der Adresse us-elections.de. Alles weitere gibt's dort zu lesen. Ob ich mich an dieser Stelle mal wieder zu Wort melden werde, weiß ich noch nicht. Mal sehen...

4. Juli 2009

Ein langer Wahlabend

Als die USA im November letzten Jahres ihren Präsidenten, ihre Abgeordneten undsoweiter wählten, hätte kaum jemand gedacht, dass sich eine der Entscheidungen dieses Wahltages so lange hinziehen würden, dass die Bush-v.-Gore-Tragödie von anno 2000 dagegen wie ein kurzer Pups wirkt. Erst in dieser Woche wurde endgültig festgestellt, dass der Komiker Al Franken als Nachfolger des bisherigen Amtsinhabers Norm Coleman den Staat Minnesota im Senat vertreten darf. Franken gewann nach ausgiebigem "recount" und einem gerichtlichen Nachspiel durch zwei Instanzen mit einem Vorsprung von 312 Stimmen (von knapp 3 Millionen) bzw. 5:0 vor dem Minnesota Supreme Court. Dieser Sieg beschert den Demokraten im Senat die sogenannte "super majority" von 60 Stimmen, mit der die Mehrheit der Minderheit erst so richtig zeigen kann, wo der Hammer hängt. Wir kommen darauf bei Gelegenheit zurück. Heute würde ich die Gelegenheit gerne nutzen, einen Vorschlag zur Reform des amerikanischen Wahlrechts vorzustellen, der eigentlich nicht beim Wahlrecht selbst, sondern bei der Gliederung der Bundesstaaten ansetzt. Wenn man nämlich durch eine Neugliederung die Ungleichgewichte der Staaten beseitigt, fallen einige der Nachteile des Electoral College automatisch weg. Behauptet zumindest der Autor der wunderbaren Seite www.fakeisthenewreal.org, der dies mit folgender Karte illustriert:


Nachtrag: Es gibt jetzt eine neue Variante der Karte mit geringfügigen Änderungen

22. Januar 2009

High Five beim Take two

Barack Obama und John Roberts haben sich beim Eid-Ablegen am Dienstag offenbar auf Anhieb ins Herz geschlossen. Hier sieht man sie beim freundschaftlichen "High Five" nach der (diesmal fehlerfreien) Wiederholung des Spektakels:


Soweit, so lustig. Aber diese ganze Eid-Wiederholerei zeigt doch ein recht merkwürdiges verfassungsrechtliches Verständnis. Wir kommen darauf noch mal zurück...

21. Januar 2009

Change or no change, that is the question.

Zum Ausgleich wochenlanger Funkstille bin ich heute mal besonders fleißig. ;-)

Hat eigentlich jemand die Antrittsrede von Barack Obama angehört? So richtig aufmerksam zugehört? Und überlegt, was der da eigentlich sagt? Falls nicht, hier eine kurze Analyse:

So nicht, Mr. Chief Justice!

Dass sich ein Vorsitzender des Supreme Court beim Vorsagen des Amtseides für den US-Präsidenten so furchtbar verhaspelt wie gestern John Robert, ist wohl auch noch nicht vorgekommen. Kann der Mann einen kurzen Text aus 35 Worten, den viele amerikanische High-School-Schüler auswendig aufsagen können, nicht mal fehlerfrei vom Blatt ablesen???

Lag's vielleicht an der Verspätung? Der Eid wurde erst um 12:04 Uhr abgelegt, also vier Minuten zu spät. Macht aber nichts, denn um Punkt 12 war der President Elect schon automatisch um President geworden, der Amtseid ist eh nur Show. Vielleicht hat John Roberts ja vier Minuten lang überlegt, ob er gerade Zeuge einer Verfassungskrise wird, und das hat ihn so verwirrt, dass er ins Stammeln geriet?

Jedenfalls sind diese beiden Umstände (Verspätung und Versprecher) wunderbare Anlässe für abgedrehte Verschwörungstheorien. Ich bin sehr gespannt, wie lange es dauert, bis jemand (wahlweise online, im Talk Radio oder in einem Buch von Ann Coulter) behauptet, wegen dieser formalen Fehler sei Barack Obama in Wirklichkeit gar nicht der rechtmäßige Präsident. Klingt abwegig? Abwarten...

PS: Eine schöne Analyse der vier(!) Fehler beim Eid-Vorsprechen gibt es bei electoral-vote.com.

Oval Office für Arme

Naja, ganz so arm darf man natürlich nicht sein. Für einen Einkauf bei IKEA muss es halt noch reichen.

9. Dezember 2008

365:173, Nachtrag

Visualisierung von Wahlergebnissen in Landkarten ist eine feine Sache. Es gibt zahlreiche Karten, auf denen die geographische Größe der US-Bundesstaaten proportional zu ihrer Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft oder Anzahl der Stimmen im Electoral College verzerrt dargestellt wird. Die meisten davon sind aber sehr pixelig, und die äußere Form des Landes wirkt sehr verzerrt. Bei diesem Beispiel ist das nicht der Fall. Sehr hübsch.

23. November 2008

365:173

Bin ich zu spät dran mit meinem Kommentar zum "historischen" Wahlergebnis für Barack "Messias" Obama? Egal, auf einen mehr kommt es auch nicht mehr an.

Ich will mich auch auf einen ganz bestimmten Aspekt konzentrieren: Nebraska. Nebraska ist der konstitutionelle Ausreißer unter den US-Bundesstaaten. Man verzichtet dort nicht nur auf eine zweite Parlamentskammer (alle anderen Bundesstaaten verfügen über eine Zweikammersystem aus Abgeordnetenhaus und Senat), sondern auch gleich auf Parteien. Die Wahl zum Einkammerparlament (umgangssprachlich "Unicameral" genannt) wird nicht-parteiisch ("nonpartisan", das hat nichts mit Partisanen zu tun!) durchgeführt, d.h. auf dem Stimmzettel ist bei den Kandidaten keine Parteizugehörigkeit angegeben, und offiziell gibt es dort auch keine Fraktionen. Lustiges Völkchen, diese Nebrasken (Nebrasker? Nebraskaner?). Bei Präsidentschaftswahlen tun sie es den gleichermaßen exzentrischen Neuengländern aus Maine gleich und vergeben ihre Wahlmännerstimmen nicht en bloc (d.h. für denjenigen Kandidaten, der staatsweit die meisten Stimmen gewinnt), sondern pro Kongress-Wahlkreis (plus zwei weitere Wahlmänner staatsweit, entsprechend der zwei staatsweit gewählten Senatoren). Das hat bislang nie etwas ausgemacht, da der staatsweite Gewinner immer auch die Mehrheit der Stimmen in allen Wahlkreisen des Staates gewann, seit diese Regelung 1992 eingeführt wurde. Aber diesmal - Tusch! - ist es dem Wahlsieger Obama gelungen, im 2. Wahlkreis von Nebraska die Mehrheit zu gewinnen, obwohl die beiden anderen Wahlkreise und der Staat insgesamt mehrheitlich für McCain gestimmt haben. In der Schlussrechnung hat Obama damit eine Stimme mehr und McCain eine weniger. Ein nettes Detail, für das Ergebnis aber eigentlich irrelevant - genau wie dieser Kommentar. ;-)

2. Oktober 2008

McCain? Heute mal nicht!

Heute gibt es mal ein schönes Video mit gaaaanz vielen Promis, einigen zauberhaften Insidergags und tollem Timing - finde ich jedenfalls:

27. September 2008

McCains Fußvolk

Wenden wir uns einmal den sogenannten "downticket races" zu, also denjenige Entscheidungen, die am US-Wahltag auf lokaler und Staats-Ebene getroffen werden. Heute: New Yorks 13. Kongress-Wahldistrikt (Karte).

Bekanntlich werden die Abgeordneten des Repräsentantenhauses, also der größeren der beiden Kammern des Kongresses, Wahlkreis für Wahlkreis in direkter Mehrheitswahl gewählt. Jeder Bundesstaat hat dabei ein Kontingent an Wahlkreisen, das mehr oder weniger proportional zu seiner Bevölkerungszahl ist. Die Einteilung der Wahlkreise ist Sache des Bundesstaates (was zu dem sogenannten Gerrymandering führt, aber dazu kommen wir demnächst mal). Durch die direkte Personenwahl ist diese Wahl sehr stark personalisiert, und das kann zu skurrilen Effekten führen. Im 13. New Yorker Wahlkreis amtierte bislang ein gewisser Vito Fossella, ein stramm konservativer Republikaner mit besonderem Fokus auf "family values". Fossella stand so sehr auf Familienwerte, dass er gleich zwei Famimlien hatte, die er aber strikt voneinander getrennt hielt. Das Arrangement flog auf, als er beim Überfahren einer roten Ampel in stark alkoholisiertem Zustand von der Polizei angehalten wurde. Er verstrickte sich in Widersprüche: "Ich bin auf dem Weg zu meiner Familie." - "Aber Ihr Haus liegt doch in der anderen Richtung..." - der Rest ist Geschichte. Vito finito, er trat zurück.

Ein Kongresssitz ohne Inhaber lockt die potenziellen Nachfolger an wie ein Kadaver die Geier, also begann bei den Republikanern prompt der innerparteiliche Nachfolgekampf. Und jetzt wird es richtig lustig:
Der erste Kandidat, ein reicher Geschäftsmann (sehr vorteilhaft, der kann seinen Wahlkampf selbst bezahlen) war selbst in seiner Familie so unbeliebt, dass sein eigener Sohn gerne gegen ihn kandidieren wollte. Den Ausgang dieses Rennens werden wir nie erfahren, denn der Vater erlag mitten im Wahlkampf einem Herzinfarkt. Der nächste Kandidat, ein Abgeordneter des New Yorker Staatsparlaments, zog wiederum den Zorn des örtlichen Parteivorsitzenden auf sich, der öffentlich verkündete, er werde alles tun, damit der Kandidat verliert. Um den innerparteilichen Zwist aufzulösen, sollte der Kandidat dann kurzerhand zum Richter am New York Supreme Court ernannt werden, er lehnte die Ernennung aber ab. Momentan versucht die Partei gerade, den Kandidaten vom Stimmzettel entfernen zu lassen, um den Wählern einen neuen Kandidaten vorzusetzen: Vito Fossella!

Das Ergebnis dürfte sein, dass die Wähler des Wahlkreises im November zum ersten Mal seit Menschengedenken einen Demokraten in den Kongress wählen werden.

6. September 2008

McCains Alternative

Leider gab es tagelang keine richtig guten Neuigkeiten über Sarah Palin zu berichten, daher weite ich das Thema hiermit etwas aus. Gleich zu Beginn der "Palin Pain" hat irgendjemand (sorry, ich weiß wirklich nicht mehr, wer es war) mir erzählt, er habe im ersten Moment gedacht: Was, Michael Palin soll Vizepräsident werden? Ist der nicht Engländer?

Er ist es, aber das sollte uns nicht daran hindern, seine Kandidatur energisch zu unterstützen. Also: Michael Palin for President!

2. September 2008

McCains Sezessionistin

Ich gründe einen Sarah-Palin-Fanclub! Die Frau ist unterhaltsamer als Dan Quayle und George W. Bush zusammen. Sie will zwar Vizepräsidentin der USA werden, aber früher war sie auch schon einmal für die Unabhängigkeit Alaskas: Nach Angaben der Alaskan Independence Party (Slogan: "Alaska first - Alaska always") waren sie und ihr Mann in den 1990er Jahren für einige Jahre Mitglieder dieser Klein-Partei. Das behauptet jedenfalls deren Vorsitzende, und die sollte es ja wissen. Eine Mitgliedschaft in der AIP war seinerzeit übrigens möglicherweise gar nicht so abwegig wie es sich aus heutiger Perspektive anhört: Von 1990 bis 1994 stellte die AIP nämlich sogar den Gouverneur von Alaska.

1. September 2008

McCains Oma in spe

Sarah Palin entwickelt sich allmählich zu meinem echten Liebling des Monats. Heute verkündete sie, dass ihre 17-jährige unvereiratete Tochter schwanger ist. So etwas kann passieren, wenn man in der Schule keinen Sexualkundeunterricht genießen durfte...

31. August 2008

McCains Vize-Schönheitskönigin

Wie man schon an meiner dreitägigen Reaktionszeit sieht, hat mich die Nominierung von Sarah Palin als McCains Vize-Kandidatin doch ein wenig überrascht. Immerhin hatte ich ihren Namen vor dieser Woche schon mal gehört oder gelesen. Kann ich jetzt natürlich nicht beweisen, ist aber wirklich so, ich schwör!

Mit dem zweiten Platz ist Sarah Palin gut vertraut, immerhin war sie vor zwanzig Jahren mal Zweitplatzierte beim "Miss Alaska"-Schönheitswettbewerb, und bei ihren ersten politischen Gehversuchen auf Staatsebene kandidierte sie 2002 erfolglos für das Amt des Lieutenant Governour (Vize-Gouverneur). Außerdem war sie vier Jahre lang Mitglied des Stadtrats und dann für sechs Jahre Bürgermeisterin von Wasilla, einer Kleinstadt mit etwa 6700 bis 8400 Einwohnern (die Zahl scheint in den letzten Jahren sehr schwankend gewesen zu sein, und offizielle Angaben sind unklar) im Einzugsbereich der Alaska-Metropole Anchorage. Seit 2006 ist sie Gouverneurin von Alaska, einem Staat mit weniger Einwohnern als Brooklyn und mehr als der doppelten Fläche von Texas. Diese Glanzleistung gelang ihr übrigens, indem sie den amtierenden Gouverneur Frank Murkowski in der parteiinternen Vorwahl schlug. Murkowski wiederum gelangte zu Weltruhm, als er anno 2002 aus dem US-Senat zurücktrat, um Gouverneur zu werden, und dann als Gouverneur seine eigene Tochter zu seiner Nachfolgerin im Senat ernannte. Alaska ist klein, da kennt man sich halt, und Vetternwirtschaft ist dort kein Schimpfwort.

23. August 2008

Obamas Dick Cheney

Ich hatte also zumindest ein bisschen recht, als ich im Juni schrieb:
Und wahrscheinlich wird es am Ende jemand, den keiner auf der Rechnung hatte.
Naja, Joe Biden war damals auf der Liste der demokratischen Senatoren, die ich in der weiteren Wahl hatte. Und in den letzten Tagen gab es schon sehr viele Hinweise dafür, dass sich Obama für den Kollegen aus Delaware entscheiden würde (am besten gefällt mir übrigens dieser hier). Die Wahl ist also nicht überraschend, wenn man die Sache in den letzten Tagen aufmerksam verfolgt hat, aber wer hat das schon? (Ich persönlich habe in den letzten Tagen übrigens auf Evan Bayh getippt und lag damit natürlich auch falsch.)
Da hierzulande keiner Joe Biden kennt, kann man sicher sein, dass die MSM (Main Stream Media) uns in den nächsten Wochen mit Porträts überschwemmen werden, um das Informationsdefizit aufzuholen. Ich erspare mir daher allgemeine Aussagen über den Senator, das kann man dann alles im TV sehen. Ich möchte nur eine Beobachtung melden (und zugleich wetten, dass man darüber in den MSM nicht berichten wird): Joe Biden ist ärmer als alle seine Kollegen im Senat. Nicht "arm" im Sinne von "relativ ein bisschen weniger steinreich als die Millionärskollegen", sondern wirklich eine ganze Gehaltsklasse unter dem Schnitt im Reiche-alte-Herren-Club namens Senat. Daraus müsste man doch im Vergleich zu John McCain und seiner 100-Millionen-Dollar-Gattin etwas machen können. Erst recht dann, wenn tatsächlich Multimillionär Mitt Romney der republikanische Vize-Kandidat wird! (Worauf ich übrigens hiermit wette.)

PS: Apropos reich. Hier ist ein schönes Porträt von McCain im Stile der MTV-Serie "The fabulous life of ...":

11. Juni 2008

Chossing Veeps, Teil 3

Apropos, wen wird eigentlich John McCain als Vize nominieren? Da finde ich die Antwort wesentlich leichter, das Feld ist kleiner. Ich tippe mal auf einen der folgenden:
  • Charlie Crist, Gouverneur von Florida. Vorteil: Regierungserfahrung in einem potentiellen Swing State. Nachteil: Nicht verheiratet, für die republikanische Basis heißt das: wahrscheinlich schwul.
  • Mitt Romney, bekannt aus dem Vorwahl-Zirkus. Vorteil: Regierungserfahrung in einem der liberalsten Bundesstaaten. (Eine alte Freundin von mir, die dort lebt, nennt West-Massachusetts den "Tofu-Gürtel".) Nachteil: Immer noch Mormone. Außerdem zu jung und smart, das lässt McCain noch älter aussehen.
  • Carly Fiorina, früher CEO von Hewlett-Packard. Muss man nicht weiter kommentieren.

Choosing Veeps, Teil 2

Heute schauen wir uns einmal die Kandidaten an, die Barack "Lichtgestalt" Obama derzeit wohl ebenfalls besichtigt und befragt, um eine geeignete Person für den zweiten Platz auf seinem "Ticket" zu finden. Völlig subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit würde ich folgende Personen als diskutable Kandidaten ansehen:
  • Hillary Clinton: Die unterlegene Konkurrentin aus den Vorwahlen wäre natürlich am besten dazu geeignet, bestimmte Wählergruppen (vor allem Wählerinnengruppen!) anzusprechen, bei denen Obama angeblich nicht so gut ankommt. Allerdings wäre diese Wahl mit einem hohen Risiko verbunden. Hillary ist sehr selbstbewusst und wird sich auf dem institutionalisierten Platz zwei wohl schwertun. Außerdem ist Gatte Bill - einstmals der begnadetste Wahlkämpfer seiner Generation - mittlerweile eher ein Sicherheitsrisiko. Tendenz: eher nicht.
  • John Edwards: Hat ebenfalls vieles, was Obama nicht hat. Er ist weiß, aus dem Süden und vertritt den populistisch-sozialromantischen Flügel der Partei. Allerdings klaffen Anspruch und Wirklichkeit oft auseinander (z.B. bei dreistelligen Friseurrechnungen), außerdem lässt er ein bisschen zu oft heraushängen, für wie toll er sich selbst hält. Seine öffentliche Unterstützung für Obama nach Monaten demonstrativer Neutralität kam einen Tick zu spät - zu einem Zeitpunkt, als Obama die Nominierung rechnerisch eh schon in der Tasche hatte. Tendenz: Hat schon gesagt, dass er nicht will, und das ist auch gut so.
  • Kathleen Sebelius, Janet Napolitano, Jennifer Granholm: Die Gouvernerinnen von Kansas, Arizona und Michigan kombinieren die Faktoren Frau und Regierungserfahrung. Jennifer Granholm ist allerdings in Kanada geboren, kommt also aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Frage. Sebelius repräsentiert einen der konservativsten Staaten der USA, die Wähler dort werden sich von ihr kaum dazu bewegen lassen, Obama zu mögen. Trotzdem: Sebelius ist von den dreien am ehesten ernsthaft im Rennen.
  • Diverse Senatoren und Ex-Senatoren aus konservativen Bundesstaaten: Evan Bayh, John Daschle, Sam Nunn, Jim Webb. Für alle gilt: Wenn sie es schaffen könnten, ihren Landsleuten Obama nahe zu bringen, wären sie eine sinnvolle Ergänzung des Ticket. Wenn! Tendenz: Evan Bayh dürfte im Rennen sein. Jim Webb ist wegen seiner Militärerfahrung aber noch interessanter.
  • Senatoren aus eher demokratischen Bundesstaaten: John Kerry (nicht wirklich, oder?), Patty Murray, Joe Biden, Chris Dodd, Jack Reed. Letzterer ist so unbekannt, dass ich bis gestern noch nie von ihm gehört hatte. Tendenz: Patty Murray ist der Geheimtipp!
  • Militärs: Neben Jim Webb (s.o.) bieten sich weitere ehemalige Generäle an, vor allem Wesley Clark. Auch ein gewisser James Jones, mir bislang ebenfalls völlig unbekannt, soll durchaus in Frage kommen.
  • Virginia: Der Bundesstaat, früher stramm republikanisch, entwickelt sich unerwartet zu einem umkämpften Battleground State. Da wäre ein VP aus Virginia vielleicht durchaus hilfreich. Also Jim Webb (s.o.), Mark Warner oder Tim Kaine. Habe ich gerade Jim Webb zum dritten Mal erwähnt? Hm...
Also, ich leg mich jetzt mal fest und sage: Jim Webb hat sehr gute Aussichten. Patty Murray ist mein Geheimtipp. Evan Bayh, Kathleen Sebelius und Wes Clark sind mit Außenseiterchancen dabei. Und wahrscheinlich wird es am Ende jemand, den keiner auf der Rechnung hatte. Oder doch Hillary.

7. Juni 2008

Jetzt wird's kompliziert

Die Diskussion der möglichen Obama-Vizes spare ich mir einstweilen für später auf. Heute befassen wir uns zunächst einmal mit dem National Popular Vote Interstate Compact. Was um alles in der Welt ist das denn?

Also von vorne: Mittlerweile hat sich ja herumgesprochen, dass die Amerikaner ihren Präsidenten nicht direkt wählen (wäre ja auch zu einfach), sondern jeweils pro Bundesstaat eine Gruppe von Wahlmännern bestimmen, die dann ihrerseits eine Präsidenten (und einen Vizepräsidenten wählen). Dieses Wahlmännerkollegium, das Electoral College (EC), ist vermutlich das ulkigste Staatsorgan in der westlichen Welt. Ähnlich wie die deutsche Bundesversammlung erfüllt sie nur den einzigen Zweck der Wahl eines Staastoberhaupts. Im Gegensatz zur Bundesversammlung tritt das EC aber noch nicht einmal tatsächlich zusammen. Es treffen sich lediglich die Wahlmänner eines jeden Bundesstaates in der dortigen Hauptstadt und geben ihre Stimme zu Protokoll. Diese Stimmabgabe wird dann von der Staatsregierung (typischerweise eine Aufgabe für den Secretary of State, der auf Staatsebene in etwa dem hiesigen Innenminister entspricht [während der Secretary of State des Bundes nichts anderes als der Außenminister ist - die spinnen, die Amis...]) nach D.C. gemeldet. Dort werden die Stimmen zusammengezählt und das Ergebnis verkündet.

Der Clou besteht nun darin, dass die Zahl der Wahlmänner pro Bundesstaat zwar zentral festgelegt ist. Sie entspricht der Zahl der Abgeordneten des Staates im Bundesparlament (Congress), also jeweils 2 (für die zwei Senatoren pro Staat) + x (für die x Vertreter des Staates im Abgeordnetenhaus. Wie die Wahlmänner gewählt bestimmt werden, ist aber jedem einzelnen Staat selbst überlassen! Jeder Bundesstaat hat eine eigene Regelung zur Wahl der Wahlmänner, und es ist reiner Zufall (oder eher: Ausdruck eines zeitgemäßen Anspruchs an eine Legitimation durch Volkswahl), dass heutzutage in allen Staaten die Wahlmänner per Wahl bestimmt werden. Früher war es durchaus nicht unüblich, dass die Wahlmänner vom Staatsparlament bestimmt wurden. Theroetisch könnte man auch vorsehen, dass die Wahlmänner ausgelost werden - aus Sicht der Bundesverfassung spräche jedenfalls nichts dagegen. Standard ist aber wie gesagt heutzutage die Wahl der Wahlmänner (en bloc, d.h. es stehen zwei oder mehr Gruppen von Wahlmännern zur Auswahl, die sich jeweils vorab einem bestimmten Kandidaten verschrieben haben). In Übereinstimmung mit dem auch ansonsten verbreiteten Mehrheitswahlrecht gilt dabei beinahe überall ein striktes "Winner takes all". Es gilt die einfache Mehrheit, alle Stimmen für die unterlegenen Kandidaten (genauer: für die Wahlmänner, die sich zur Wahl der unterlegenen Kandidaten verpflichtet hatten) fallen unter den Tisch. Die einzigen Ausnahmen sind Maine und Nebraska, wo ein etwas komplizierteres Verfahren zur Einzelwahl von Wahlmännern auf Wahlkreisebene gilt. In der Praxis haben allerdings auch Maine und Nebraska bislang immer einheitliche Wahlmännergruppen bestimmt, denn Maine ist ebenso solide demokratisch gesinnt wie Nebraska stockrepublikanisch ist. (Aber man merke sich diese Besonderheit. Irgendwann kommt bestimmt einmal eine Wahl, die so knapp ausgeht, dass es auf eine der Wahlkreisstimmen von Maine oder Nebraska ankommt. Dann geht das Theater erst richtig los...)

Soweit der Status quo. Dieses Verfahren sorgt dafür, dass der Präsidentschaftswahlkampf eine für unser Verständnis sehr merkwürdige Assymetrie entwickelt hat: Wahlgekämpft wird praktisch nur in den Bundesstaaten, in denen der Kandidat eine reelle Chance auf eine Mehrheit hat (swing states). Große Staaten wie Kalifornien (55 Wahlmänner, solide demokratisch) oder Texas (34 Wahlmänner, solide republikanisch) bleiben vom Wahlkampf weitgehend verschont, während mittelgroße wie Ohio (20 Wahlmänner) oder sogar kleine wie Nevada (3 Wahlmänner) heftig umworben werden. Die Wahlschlacht (sowohl medial als auch im Hinblick auf persönliche Auftritte der Kandidaten) konzentriert sich von Wahl zu Wahl mehr auf einige wenige Staaten. Mit welcher Mehrheit Kalifornien oder New York einen Demokraten wählen, ist völlig irrelevant, wenn es dem Kanidaten nicht zugleich gelingt, die Swing States zu erobern. Daher kann im Extremfall ein Kandidat eine Mehrheit im Electoral College gewinnen, ohne die Mehrheit der insgesamt abgegebenen Stimmen auf sich vereint zu haben. Zuletzt geschehen im Jahre 2000, die Älteren werden sich noch erinnern. Dass das heutzutage ein bisschen dem gesunden Volksempfinden widerspricht, wonach derjenige eine Wahl gewinnen sollte, der die meisten Stimmen hat, muss man nicht näher erläutern. Also gab es immer wieder Versuche, das Verfahren zu ändern und beispielsweise eine direkte Mehrheitswahl einzuführen. Da eine Änderung der Bundesverfassung sehr schwierig ist und gerade die kleinen Staaten, die im gegenwärtigen System überrepräsentiert sind, wenig Interesse an einer Änderung haben, wird es auf absehbare Zeit wohl nicht dazu kommen.

Als Erstzlösung kursiert seit einigen Jahren ein Plan, der so genial einfach ist, dass man ihn einfach als genial bewundern muss: der National Popular Vote Interstate Compact. In den eigenen Worten seiner Verfechter wird der Plan hier sehr gut erläutert, aber natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, das Ding in aller Kürze auch vorzustellen. Der NPVIC ist ein Staatsvertrag zwischen beliebig vielen Bundesstaaten, in dem diese sich verpflichten, ihre Wahlmänner künftig nicht mehr nach dem Ergebnis in ihrem eigenen Staat zu vergeben, sondern nach dem landesweiten Ergebnis. Warum sollte ein Staat das tun? Weil andere es auch tun! Der Clou beim NPVIC ist nämlich folgender: Die neue Methode der Wahlmännerzuteilung wird erst dann angewandt, wenn die Wahlmännerstimmen derjenigen Staaten, die sich darauf verpflichtet haben, die magische Summe von 270 (= Mehrheit im EC) übersteigen. Damit wäre gewährleistet, dass die so verpflichteten Staaten zusammen immer die Wahl entscheiden können. Wer nicht mitmacht, wird irrelevant.

Bislang haben 4 Staaten den NPVIC ratifiziert, das entspricht 50 Wahlmännerstimmen. Fehlen also nur noch 220. Weiter so!

Choosing Veeps

Ich hatte gestern die Freude, mit einer Gelegenheitsleserin dieses Blogs einige Gläser Wein zu trinken, und habe fahrlässigerweise beim zweiten Silvaner gelobt, die Schreibfrequenz zu erhöhen. Mir brennt ja schon seit Wochen ein Beitrag zum Thema "Warum ich Barack Obama nicht mag, Teil xxx" unter den Nägeln, aber das muss erstmal warten. Für heute beschäftigen wir uns mit Obamas aktuellem Problem Nummer eins: Wen nominiere ich als Vizepräsidentschaftskandidat?

Traditionellerweise galt der Vizepräsident der USA als ein ziemlich einflussloser Mensch, der nur im wenig erstrebenswerten Fall eines Ausfalls des Amtsinhabers vor die Kulissen treten und seine Aufgabe als Lückenbüßer übernehmen musste. Als Truman 1945 nach FDR's Tod nicht ganz unerwartet, aber völlig unvorbereitet das Amt übernehmen musste, wusste er angeblich nicht mal, dass amerikanische Wissenschaftler seit Jahren an der Herstellung einer Atombombe arbeiteten. Wenige Wochen später befahl er ihren Ersteinsatz. Trotz dieses instruktiven Beispiels waren auch seine Nachfolger als VP noch jahrzehntelang zum Zuschauen verdammt. Al Gore war praktisch der erste VP, der auch als solcher eigenständige operative Zuständigkeiten hatte. Über das Verhältnis von Dick Cheney zu dem unter ihm dienenden Präsidenten verlieren wir gnädigerweise erst gar keine Worte.

Aber zurück zum Thema: Wie wählt man eine geeignete Person für dieses Amt aus? Früher lautete das Motto: Balancing the ticket. Sprich: man wählte jemanden aus, der im Vergleich zu dem Mann an der Spitze als geographischer, politischer oder auch charakterlicher Ausgleichsfaktor gesehen wurde. Der liberale Neuengländer Kennedy und der konservative Texaner Johnson. Der kalifornische Schauspieler Reagan und der Ostküsten-Establishment-Bush. Auch insoweit betraten Bill Clinton und Al Gore echtes Neuland: Der junge Südstaaten-Gouverneur und der junge Südstaaten-Senator, beide waren eher vom rechten Flügel ihrer Partei, beide sind Baptisten, beide waren Vietnam-Drückeberger (ja, ich weiß, Al Gore war in Vietnam - als Army-Journalist), beide hatten Jura studiert (Gore allerdings das Studium abgebrochen), undsoweiter. Verblüffenderweise funktionierte dieses unbalancierte Ticket recht gut, und das Duo verbrachte acht Jahre im Weißen Haus. Seither geht der Trend eher dahin, über die Wahl des VP-Kandidaten die Stärken des Mannes an der Spitze zu betonen. Das klassische balancierte Ticket griff demgegenüber die Schwächen des Präsidentschaftskandidaten auf und versucht, sie über die Person des VP-Kandidaten auszugleichen. Die Botschaft wird fokussiert, die Angriffsfläche minimiert. Gut möglich, dass Barack Obama nach diesem Motto vorgehen wird, und einen "reinforcing Veep" sucht. Aber wer könnte das sein? Dazu mehr beim nächstenmal...