27. September 2005

Titelerklärung (& Legalanglizismen - Teil 1)

Falls sich jemand schon mal gefragt haben sollte, was eigentlich der Titel dieses Blogs bedeutet, hier ist die Erläuterung:
Englische Juristen sind regelrecht vernarrt in die Formulierung "without being limited to", die als einschränkende Einleitung vor Beispielen benutzt wird. Steht also beispielsweise in einem Vertrag, dass ein Vertragspartner eine bestimmte generelle Verpflichtung hat, und werden hierfür zur Erläuterung ein paar konkrete Beispiele angegeben, dann fügt der englische Jurist vor den Beispielen ein WBLT ein.

Warum macht er das? Weil irgendein englischer Richter vor vielen Jahrhunderten mal entschieden hat, dass die Nennung von Beispielen als Einschränkung eines vorangegangenen allgemeinen Begriffs auszulegen sei. Schriebe der englische Jurist also beispielsweise "taxes, including sales tax", so wäre der Anwendungsbereich auf die "sales tax" beschränkt und alle anderen Steuern ausgenommen. Dabei wollte er doch nur ein Beispiel nennen, das vielleicht für den konkreten Anwendungsfall besonders relevant wäre, ohne dabei aber alle anderen Steuern unbedingt gleich auszuschließen. Um dieser dämlichen Rechtsprechung zu umgehen (die nach englischer Rechtstradition Präzedenzwirkung hat und somit den gleichen Effekt wie ein geschriebenes Gesetz), muss man also ausdrücklich deutlich machen, dass die Nennung von Beispielen gerade keine Einschränkung einer generellen Aussage beinhalten soll. Also nur genau das, was man nach dem normalen Sprachgefühl sowieso erwarten würde - sowohl im Englischen als auch im Deutschen.

Während die englischen Juristen sich an ihr kleines WBLT im Laufe der Zeit gewöhnt haben und meistens auch noch wissen, warum sie es überhaupt verwenden, ist es außerhalb des angelsächsischen Rechtskreises völlig überflüssig. Nach deutschem Recht beispielsweise gelten die allgemeinen Regeln der Auslegung (§§ 133, 157 BGB usw.), und keiner käme auf die Idee, eine so idiotische Auslegungsregel zu konstruieren. Wenn ich also einen deutschen Vertrag schreibe, dann brauche ich kein WBLT!!! Trotzdem wird es gerne und exzessiv verwendet und führt zu so eleganten Formulierungen wie "... behält alle Aufzeichnungen, einschließlich aber ohne Einschränkung Rechenschaftsberichte, Notizen, ..." (wörtlich aus einem Originalvertrag zitiert). Dies kann zweierlei bedeuten: Entweder man hat mal wieder völlig willenlos einen englischen Vertrag Wort für Wort ins Deutsche übersetzt (so in diesem konkreten Fall geschehen), oder ein angelsächsisch infizierter deutscher Jurist - pardon: legal counsel - hat seinen Gedankenschwall nicht zurückhalten können. Beides ist, bei Lichte besehen, eigentlich nur traurig, beschert mir aber wenigstens immer wieder Momente der Heiterkeit im Büroalltag. [Fortsetzungen folgen]

Keine Kommentare: