28. Februar 2008

Grundrecht erfunden, meistbietend abzugeben

Einen Tag lang dachte ich ja, ich wäre der einzige, der die Erfindung des neuen "Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" durch das Bundesverfassungsgericht (Wortlaut) für nicht ganz so epochal und großartig hält wie die versammelten Meinungsführer in Politik und Medien. Jetzt habe ich aber gerade gesehen, dass der geschätzte Christian Rath in der heutigen taz ziemlich genau auf den Punkt bringt, was mir an dem Urteil nicht behagt: Wer eigentlich gibt dem BVerfG das Recht, einfach mal eben ein neues Grundrecht zu erfinden?
Natürlich ist es ein Grund zur Freude, dass dem Kontrollwahn von Schäuble und Co. zumindest ein kleiner Riegel vorgeschoben wird, und das Urteil ist rechtspolitisch wohlausgewogen und im Ergebnis zu begrüßen. Aber die vordergründige Freude über das Ergebnis wird von der klammheimlichen Sorge wegen des Weges dorthin doch etwas getrübt. Einerseits ist das BVerfG zu weit gegangen, indem es ein neues Grundrecht aus dem Hut gezaubert hat. Andererseits ist es nicht weit genug gegangen, indem es auch gleich eine wohldefinierte Schneise in dieses neue Grundrecht geschlagen und ganz konkret vorgegeben hat, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Einschränkung desselben dann doch wieder zulässig ist. Zwar sind die Hürden momentan recht hoch, und so kann man einstweilen, mit dem Ergebnis zufrieden sein. Aber das problematische an einem von der Verfassung nicht vorgesehenen Grundrecht ist halt, dass es von Verfassungs wegen auch keine klaren Kriterien für seine Einschränkung gibt. Die jetzt zusammen mit dem Grundrecht erfundenen Schranken mögen ein sinnvolles politisches Ergebnis darstellen. Letztlich aber wird hier dem gerade aus dem Hut gezauberten Kaninchen der Leib aufgeschnitten, um aus seinen Eingeweiden die Zukunft zu erkennen. Hoffentlich macht das nicht Schule.

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