2. Februar 2009

Zwischen den Zeilen lesen

muss man bei dieser Pressemitteilung, denn die interessantesten Informationen stehen gar nicht drin oder erschließen sich erst auf den zweiten Blick:
  • Mit keinem Wort erwähnt werden zwei durchaus relevante Fakten über den bisherigen Präsidenten Haase:
    1. Haase war zur Wiederwahl angetreten, d.h. er wurde abgewählt.
    2. Auch Haase ist Physiker. Er verlor nicht nur gegen einen Herausforderer, sondern sogar gegen einen Kollegen aus der eigenen Fakultät.
  • Diese beiden Fakten werfen die Folgefrage auf: Warum wurde Haase so schmählich abgewählt? Die Meldung schweigt sich hierzu aus, es wird sogar ausdrücklich seine "zupackende und intensive" Arbeit gelobt. Der Leser bleibt ratlos...
  • Juristisch spannend ist die Aussage, dass sich der Kandidat Forchel nicht an der Abstimmung beteiligt habe, obwohl dies "rechtlich möglich" gewesen sei. Anknüpfungspunkt dieser Aussage ist § 32 Abs. 2 der Grundordnung der Universität Würzburg (PDF), wo ausdrücklich festgelegt ist, dass für Wahlen die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Art. 20 f. BayVwVfG, Ausschluss bei persönlicher Beteiligung bzw. wegen Besorgnis der Befangenheit) nicht gelten. Sprich: Bei Wahlen darf der Kandidat selbst mitstimmen. Das ist an sich nichts besonders revolutionäres. Mancher mag sich in diesem Zusammenhang an die Anekdote von Adenauer erinnern, der mit seiner eigenen Stimme zum Kanzler gewählt worden sei. Etwas pikant wird die Sache aber, wenn man zum Vergleich mal in das Bayerische Hochschulgesetz schaut. Dessen Art. 41 Abs. 2 Satz 1 verweist nämlich ausdrücklich auf eben jene Ausschluss-Regelungen im VwVfG, die die Grundordnung der Uni gerade ausschließt. Was gilt nun?
    Klassische Juristenantwort: Das kommt darauf an. Meistens darauf, welches Ergebnis man gerne hätte. ;-) In diesem Fall würde ich im Ergebnis sagen, dass die Grundordnung vorgeht, weil sie eine Sonderregelung für Wahlen trifft (was im übrigen durch Art. 38 Abs. 2 des Hochschulgesetzes ausdrücklich zugelassen wird), die von Art. 41 Abs. 2 S. 1 BayHSchG nicht erfasst wird. Das kann man so sehen, muss man aber nicht. In Würzburg neigten die Juristen offenbar zur Vorsicht. Das verdient Lob. Und der Kandidat Forchel scheint sich seiner Wahlchancen so sicher gewesen zu sein, dass er auf den Rat der Juristen gehört hat. Hoffentlich macht er sich das zur Gewohnheit, wenn er erst mal im Amt ist.
Zum Ergebnis nur soviel: Die Tatsache, dass der künftige Präsident der Universität Würzburg in seiner ersten Stellungnahme kein Wort über die Lehre verliert (der Vorgänger hatte dafür seinerzeit wenigstens noch einen Satz übrig, wenn ich mich recht erinnere), lässt tief blicken und Schlimmes befürchten. Ein wenig erinnert es mich an die Würzburger Oberbürgermeisterwahl im Jahre 2002, als ich angesichts des Kandidatenangebots in der Stichwahl (Weber vs. Beckmann) zum ersten und einzigen Mal im Leben bewusst und absichtlich nicht zur Wahl gegangen bin, weil es mir einfach nicht gelingen wollte, mich für einen der beiden als kleineres Übel zu entscheiden. Gut, dass ich nicht im Hochschulrat der Uni Würzburg sitze!

Keine Kommentare: