8. März 2009

Wie die Zufällin so will

Gestern war ich zu früh zur Premiere-Konferenz im E-Werk, was ich gerne dazu nutze, um vor dem Spiel noch einen Kaffee zu trinken und meine Zeitung zu lesen. Die Süddeutsche lag aber leider morgens völlig durchnässt unter dem Briefkasten, daher habe ich sie erstmal zum Trocknen ins Treppenhaus gelegt. Also musste ich im E-Werk die taz lesen und hatte so viel Zeit, dass ich auch den Extra-Teil zum Internationalen Frauentag, den ich ansonsten tendenzeil erher überblättert hätte, ausführlich gelesen habe. Das war aber auch gut so, denn sonst wären mir einige lesenswerte Artikel entgangen (die ich leider nicht online gefunden habe):
  1. Unter der Überschrift "Die Stimmungskiller" schwadroniert Barbara Dribbusch über das "Glaubenssystem der Evolutionsbiologie, das derzeit besonders popular ist, weil es wissenschaftlich daher kommt". Bei diesem Satz hätte ich fast mein Abo gekündigt. Was ist das denn für eine wissenschaftsfeindliche Scheiße? Wissenschaftliche Erkenntnisse, liebe Frau Dribbusch, sind keine "Bilder", von denen frau sich "frei machen" muss. Wer die Evolutionsbiologie als Glaubenssystem verunglimpft, hat offenbar nicht verstanden, wo das Problem liegt. Von der Lösung ganz zu schweigen.
  2. Ob das Binnen-I eine Lösung oder nur der Ausdruck des Bewusstseins des Problems darstellt, habe ich mich schon lange gefragt. Und mit klammheimlicher Schadenfreude zur Kenntnis genommen, dass auch die taz (bzw. einiger ihrer AutorInnen) in letzter Zeit sukzessive auf die demonstrative Missachtung der Grammatik verzichtet. Die dokumentierte Umfrage unter tazlerInnen zur Benutzung der Binnenmajuskel fand ich sehr aufschlussreich und unterhaltsam. Mein Lieblingszitat (von einem taz-Mann): "Ich habe es jahrelang benutzt, habe es dann aber aufgegeben. We made our point."
Ab zum Bahnhofskiosk und noch schnell die Samstags-taz kaufen!

3. März 2009

Nedap ade

Wieder einmal gibt es eine juristische Großtat des Bundesverfassungsgerichts zu vermelden: Der Einsatz von sogenannten "Wahlcomputern" verstößt - jedenfalls derzeit - gegen das Grundgesetz. Das Urteil stellt zutreffend fest, dass die Öffentlichkeit der Wahl eine Grundvoraussetzung für eine demokratische politische Willensbildung ist, die die Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und damit eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen in den korrekten Ablauf der Wahl sichert. Oder mit anderen Worten:
Die Staatsform der parlamentarischen Demokratie, in der die Herrschaft des Volkes durch Wahlen mediatisiert, also nicht dauernd unmittelbar ausgeübt wird, verlangt, dass der Akt der Übertragung der staatlichen Verantwortung auf die Parlamentarier einer besonderen öffentlichen Kontrolle unterliegt. (Rn. 106, Hervorhebung nicht im Original)
Dem gibt es aus verfassungsrechtlicher Sicht wenig hinzuzufügen. Der tatsächliche Befund, dass die derzeit verfügbaren und verwendeten Geräte nicht im entferntesten eine für jedermann transparente Durchführung der Stimmabgabe und -auszählung gewährleisten können, führt damit notwendigerweise zu der Konsequenz, dass solche Geräte schlicht und einfach nicht eingesetzt werden dürfen. Das ist keine Technikfeindlichkeit von verstaubten Juristen, das ist praktizierte Transparenz.

Über die Macken und Probleme der Nedap-Maschinen hat u.a. Telepolis übrigens schon vor Jahren berichtet. Auch die filmische Demonstration, wie einfach die Dinger zu manipulieren sind, ist immer wieder eindrucksvoll:

Zur Befriedigung weitergehender Informationsbedürfnisse empfehle ich die ausführliche Zusammenstellung bei wahlrecht.de.