20. Dezember 2007

Ein Lehrstück in Geographie und Parlamentarismus

Preisfrage: Wo hat das Verfassungsgericht des Landes Schleswig-Holstein seinen Sitz? Antwort: In Karlsruhe!

Art. 99 des Grundgesetzes erlaubt es den Ländern, sich das Bundesverfassunsggericht für Verfassungsstreitigkeiten innerhalb des Landes sozusagen auszuleihen. Das BVerfGG wird dann insoweit als Landesverfassungsgericht eines Bundeslandes tätig. Von dieser Möglichkeit macht das Land Schleswig-Holstein als einziges seit vielen Jahren Gebrauch. Aufgrund einer im Jahr 2006 erfolgten Neufassung von Art. 44 der Landesverfassung sollte zwar eigentlich ein eigenes Landesverfassungsgericht errichtet werden, aber damit haben sie es im Norden offensichtlich nicht so eilig. Einstweilen nimmt das BVerfG also weiterhin seine Aufgaben als "SH-LVerfG" wahr.

In dieser Eigenschaft musste es kürzlich über die Klage eines (ehemaligen) Landtagsabgeordneten entscheiden, der sich dagegen wehrte, dass der Landtag ein bereits beschlossenes und von der Ministerpräsidentin unterschriebenes Gesetz zur Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung (vulgo: Diäten) aufgrund massiven öffentlichen Drucks (vulgo: BILD) wieder zurückgenommen hatte. Diese staatsorganisationsrechtlich nicht ganz uninteressante (für die Praxis aber wohl komplett irrelevante) Frage wurde letztlich aber nicht beantwortet, denn der Landtag war dem Kläger zuvorgekommen und hatte zwischenzeitlich "sein damaliges Bestreben wieder aufgenommen, die Abgeordnetenentschädigung verfassungsgemäß auszugestalten" (Zitat BVerfG). Rechtschutzbedürfnis entfallen, Klage erledigt. Schade eigentlich.

18. Dezember 2007

Die wichtigsten Version

Noch ein Schmankerl aus dem gleichen Vertrag. Der Absatz
This Agreement is drafted in English and German. In case of discrepancies between the English and the German version, the English version shall prevail.
wird hier übersetzt mit
Die Englishe Version ist die wichtigsten.
Das ist eigentlich nicht einmal ein echter Legalanglizismus, sondern einfach nur ganz furchtbar schlecht übersetzt.

Konflikte gesetzlicher Bestimmungen

Hier ist mal wieder eine durch Übersetzung gnadenlos verhunzte Standard-Vertragklausel. Heute geht es um die Wahl des materiellen Rechts, dem ein Vertrag unterliegen soll. So etwas regelt man üblicherweise etwa so:
This Agreement shall be governed by and shall be construed in accordance with the laws of XXX without regard to any conflicts of laws provisions.
Der letzte Teil des Satzes (der Ausschluss der "conflicts of laws provisions") bezieht sich auf eine Besonderheit im Internationalen Privatrecht einiger Staaten, das unter Umständen bei einer vertraglichen Verweisung auf das Recht dieses Staates zu einer Rückverweisung an eine andere Rechtsordnung führt. Die genannte Klausel will diesen Effekt vermeiden (und tut es auch, soweit mir bekannt ist, recht zuverlässig).

Nun die "Übersetzung":
Vorliegende Vereinbarung unterliegt den Gesetzen [des Landes XXX] und ist ungeachtet von Konflikten gesetzlicher Bestimmungen gemäß [xxx-]Recht auszulegen.
Hä?

Umfrageergebnis 1

60% aller Leser schauen mindestens wöchentlich in diesen Blog rein. Sehr schmeichelhaft, auch wenn der %-Wert durch die geringe Gesamtzahl doch ein ganz kleines bisschen relativiert wird. ;-)
Wollen doch mal sehen, ob wir die Leserzahl nicht in den zweistelligen Bereich hochtreiben können.

5. Dezember 2007

Eingeschränkte Änderungsbefugnis

Heute habe ich wieder mal eine sehr merkwürdige Regelung in einem Vertrag gefunden:
Dieser Vertrag tritt zum ... in Kraft und bleibt bis zum ... wirksam. Die Parteien können bis spätestens 2 Monate vor Vertragsablauf eine Verlängerungsvereinbarung für je ein weiteres Jahr vereinbaren. Im Rahmen dieser Verlängerungsvereinbarung können jegliche Modifizierungen des Vertrages bzw. der Inhalt der Verlängerung beschlossen werden.
Der erste Satz ist ja noch ganz sinnvoll. Aber der Rest? Was soll das für einen Regelungsgehalt haben? Mir fallen da einige Anmerkungen ein:
  1. Wenn die Parteien nach der genannten Frist (2 Monate vor Vertragsablauf) eine Vertragsverlängerung vereinbaren wollen, dürfen sie das nicht mehr? Konsequenterweise muss man den zweiten Satz so lesen. Allerdings gilt diese Einschränkung nur bis zum vereinbarten Vertragsende, sprich: während der letzten zwei Monate der Vertragslaufzeit, denn danach läuft mit dem gesamten Vertrag auch die genannte Beschränkung aus.
  2. Wenn die Parteien es wagen sollten, eine Verlängerung um mehr als ein Jahr vereinbaren zu wollen, wäre die dann unwirksam? Sicherheitshalber sollten die Parteien in diesem Fall zuvor noch die oben zitierte Regelung ausdrücklich wieder aufheben. Das wirft aber die Frage auf, welchen Sinn diese überhaupt von Anfang an gehabt hat.
  3. Wenn der dritte Satz nicht da stehen würde, könnten die Parteien dann keine Modifizierungen des Vertrages vereinbaren? Aber selbstverständlich könnten sie das!
Fazit: Eine vertraglich vereinbarte Einschränkung der Vertragsfreiheit zwischen den Parteien, was soll das? Ich wage zu behaupten, dass es keinen Anwendungsfall gibt, in dem durch diese Regelung eine Rechtslage herbeigeführt wird, die nicht entweder a) ohnehin (i.e. kraft Gesetzes oder vertraglicher Regelung) bestanden hätte oder b) keiner der beteiligten Parteien irgend etwas nützt. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Fall, in dem diese Regelung irgend jemandem irgend etwas nützt. (Außer dem Juristen, der sie geschrieben hat, falls dieser zeilenweise bezahlt wurde.)

4. Dezember 2007

Urlaubsimpressionen

Eigentlich bin ich fast schon wieder urlaubsreif, trotzdem muss ich hier jetzt mal von La Palma schwärmen, wo ich neulich meinen Urlaub verbracht habe. Traum! Haft! Schön!

3. Dezember 2007

Sendepause

Ich habe eine längere Blog-Pause eingelegt, weil mir ein bisschen die Themen ausgegangen sind. Zwischendurch wollte ich sogar mal ein neues Blog aufmachen (http://creationisten.blogspot.com/), das war aber auch nicht wirklich ergiebig. Dagegen muss man natürlich etwas tun. Also gelobe ich Besserung und werde ab sofort wieder regelmäßig meinen Senf abgeben. Kreationistenschelte kann ich hier ja auch betreiben.